Internationale Netzwerkarbeit in Kolumbien

Internationale Netzwerkarbeit in Kolumbien

Ein Kernaspekt der Arbeit des Anthroposophic Council for Inclusive Social Development besteht in der gegenseitigen Beratung, Begleitung und Unterstützung, die durch die Strukturen des Council ermöglicht wird.

Anfang April 2018 fand in Kolumbien eine intensive Begegnung aller dortigen Initiative und Einrichtungen statt. Der Impuls dazu ergab sich aus Gesprächen zwischen dem kolumbianischen Delegierten Oscar Betancourt, der argentinischen Delegierten Doris Unger, und Jan Göschel aus dem Leitungsteam des Council. In den Gesprächen wurde deutlich, dass in Kolumbien ein neuer Impuls der Vernetzung innerhalb des Landes nötig war. Das war dann das Ziel der Arbeit während dieser Woche, die mit Einrichtungsbesuchen, Vorträgen und Workshops begann und in einer dreitägigen Klausur in Medellín kulminierte, die Vertreter der ganzen kolumbianischen Bewegung zusammenbrachte und von Doris Unger und Jan Göschel moderiert wurde.

In Kolumbien gibt es zwei langjährig etablierte heilpädagogische Einrichtungen: Arca Mundial unterstützt mitten in Medellín in einem Tageszentrum Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, viele davon mit Diagnosen aus dem Autismusspektrum. Die Arbeit hier hat einen stark therapeutischen Charakter und es wird viel Gewicht auf sensorische und motorische Integration gelegt. Da Arca Mundial eine Finanzierung durch das öffentliche Gesundheitssystem erwirken konnte, können Menschen aus ganz unterschiedlichen sozialen Schichten aufgenommen werden.

In der Stadt Cali befindet sich etwas außerhalb des Zentrums das Tageszentrum Granja Terapacá für Jugendliche und junge Erwachsene. Terapacá bewirtschaftet etwas Land und hier lebt der Wunsch, in Zukunft noch vermehrt landwirtschaftlich tätig zu sein und eventuell auch eine Wohngemeinschaft zu gründen. Terapacá sieht sich auch jetzt schon als eine Gemeinschaft, die auch neue Sozialimpulse setzen will.

Daneben gibt es in einem Vorort von Bogotá eine ganz junge Camphill Initiative, Agualinda. Hier leben in einer Hausgemeinschaft Erwachsene mit Behinderung zusammen mit der Gründerin, Lina Reina Gärtner, ihrem Partner, und anderen Mitarbeitern aus Kolumbien und Europa. Sie führen gemeinsam ihren Haushalt und betreiben im Ort eine beliebte Bäckerei mit Café. Als sozialer Treffpunkt, gleichermaßen für die alteingesessenen ländlichen Familien, als auch die neu zugezogenen Städter, spielt das Café selbst auch eine sozialtherapeutische Rolle für die Nachbarschaft.

Neben diesen drei Einrichtungen findet anthroposophische Heilpädagogik auch an den Waldorfschulen statt. Die große Schule Colegio Waldorf Luis Horacio Gomez in Cali ist damit schon am weitesten. Hier wird ein inklusives Schulkonzept praktiziert, mit einer Gruppe von Pädagogen, Therapeuten und Psychologen, die für die Eingliederung von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf verantwortlich ist. Die ebenfalls sehr große Schule Colegio Waldorf Isolda Echavarría in Medellín macht sich gerade auf den Weg, den inklusiven Ansatz, der eigentliche schon in ihrem Gründungsimpuls angelegt war, umzusetzen. Auch eine neue, noch kleine Schulinitiative in Bogotá, Inti Huasi, beschäftigt sich schon jetzt mit dieser Fragestellung.

Ein weiteres waldorfpädagogisches Projekt mit heilpädagogischen und sozialtherapeutischen Aspekten ist die Corporación Educativa y Social in Sierra Morena, einem Slumvorort von Bogotá, die mit Kindern, Jugendlichen und Familien in sozialen Rand- und Risikosituationen arbeitet. Hier gibt es Kindergärten, Nachmittags- und Abendprogramme für Kinder und Jugendliche, medizinische und therapeutische Angebote, sowie Frauengruppen und Erwachsenenbildung.

In der Klausur im April begegnete sich viele der Verantwortlichen dieser Initiativen seit langen Jahren zum ersten Mal wieder persönlich. Andere waren ganz neu in dem Kreis. Und so entstand ein lebendiges Forum, in dem sich die heilpädagogische und sozialtherapeutische Bewegung in Kolumbien selbst wahrnehmen konnte, und von der Einbettung in die weltweite Bewegung getragen kollegiale Beziehungen neu (wieder) aufgebaut werden konnten. Die daraus hervorgegangenen neuen Entwicklungsimpulse – darunter zum Beispiel die Frage nach einer neuen Ausbildung in Kolumbien – werden jetzt von einer neugeformten Kerngruppe weitergetragen.