Besuch bei der Heilpädagogischen Bewegung in Dänemark
Vom 24. bis 27. Februar hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit, die heilpädagogische und sozialtherapeutische Bewegung in Dänemark kennen zu lernen. Wie immer war es eine Herausforderung, in kurzer Zeit möglichst viele Eindrücke von der Vielfalt und Individualität der Initiativen zu bekommen; ihre Entwicklungsgeschichte, zukünftige Impulse und heutige Herausforderungen kennen zu lernen. Und umgekehrt, die Gelegenheit zu nutzen, möglichst viele Kolleg*innen zu treffen und ihnen über den Council und die internationalen Entwicklungen in unserem Arbeitsfeld zu berichten. Dank der sehr sorgfältigen Organisation durch Elke Bliese, Bernhard Schmitz und Lind Einarsdottir wurde ein sehr reichhaltiges und vielfältiges Programm zusammengestellt.
Am ersten Tag konnte ich die Lehrerinnen und Lehrer der heilpädagogischen Ausbildung Uddannelsescenter Marjatta kennen lernen. Terje Erlandsen gab einen klaren Überblick über die Ursprünge und die Entwicklung dieser Ausbildung, die von der Regierung anerkannt ist und mit der Universität zusammenarbeitet. Der Teilzeitkurs, der auf der Triale-Methode (Theorie, Kunst und Praxis) basiert, bietet einen vierjährigen Lehrgang in Heilpädagogik und Sozialtherapie an, der derzeit für 65 Studierende angeboten wird. Es gibt auch Kurse in Leadership und Forschung, insbesondere über die Rolle von Bewegung und Kunst in der Heilpädagogik und der täglichen Pflege und Unterstützung.
Wir tauschten uns über den Bedarf an guten Handbüchern für die Studierenden aus sowie über die dringende Forderung, den inneren Schulungsweg und die Meditation in die Ausbildung zu integrieren. Für die zukünftige Entwicklung der Ausbildung stehen vier Themen im Mittelpunkt: die Beschreibung der Kernthemen der Waldorfpädagogik und z. B. die Bedeutung der Kunst darin; das Streben nach mehr Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch mit der Waldorflehrer- und Kindergärtnerinnenausbildung in Dänemark; die Entwicklung von Forschung und Publikation in einer zugänglichen Sprache; das Eingehen auf die Bedürfnisse der Gesellschaft.
Ich habe mich sehr gefreut, Lisbet Kolmos wieder zu treffen. Lisbet war viele Jahre lang Leiterin von Marjatta und Dänemarks Delegierte im Council. Sie setzt sich weiterhin voll und ganz für die Entwicklung von zwei wichtigen unterstützenden Projekten in Marjatta ein: das Gesundheitszentrum Helsecenter Marjatta und die Entwicklung der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft.
Das multidisziplinäre Team des Helsecenter Marjatta bietet unter der Leitung des anthroposophischen Arztes Tomas Henckel Johansen Kindern und Erwachsenen mit Entwicklungsstörungen Diagnose, medizinische Beratung und Therapie an. Es handelt sich um eine relativ neue Initiative, aber die Mitarbeitenden haben alle viel Erfahrung auf ihrem Gebiet.
Lisbet bietet als Klassenvermittlerin Klassenstunden für Mitglieder der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft an, sie unterstützt Studiengruppen, unterrichtet phänomenologische Menschenkunde in der Ausbildung und organisiert interdisziplinäre Symposien zum inneren Schulungsweg.
Mein Beitrag über die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft und ihre Bedeutung für die tägliche Arbeit in Heilpädagogik und Sozialtherapie wurde begeistert aufgenommen.
Hier gibt es viel Potenzial für die weitere Zusammenarbeit mit vielen Kolleg*innen international!
Am zweiten Tag hatte ich die Gelegenheit, Marjatta ausführlich kennen zu lernen: die Schule, das Internat, die Häuser in der weitläufigen Umgebung. Tine Bay Sørensen, Bernhard Schmitz und Jens Hegli führten mich herum und erzählten mir alles über die Entwicklungen ihrer Initiativen. Was mir auffiel, war die ausgewogene, warmherzige Atmosphäre, in der jedes Treffen mit großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit angegangen wurde, sowie der herausragende Platz der Kunst in den Lebensräumen. Bernard Schmitz erzählte mir von dem Wendepunkt, an dem sich Marjatta jetzt befindet. Die Grenzen des Wachstums und des Baus neuer Häuser sind erreicht, und es müssen neue Schritte unternommen werden, um all die verschiedenen Häuser und Initiativen zu integrieren und die inneren Qualitäten des Werkes zu pflegen. Gleichzeitig gibt es die Aufsicht der Regierung, die es notwendig macht, die eigene Arbeit mit viel Transparenz sichtbar zu machen. Eine Herausforderung, die sicherlich auch neue Möglichkeiten bietet und bei der auch der Austausch mit Kolleg*innen aus anderen Ländern von großer Bedeutung sein kann.
Am Nachmittag hielt ich meinen Vortrag mit einem Workshop über Spiritualität in der täglichen Arbeit für eine große Gruppe von interessierten Mitarbeitenden und Studierenden. Wir machten eine Einfühlungsübung in Kleingruppen und vertieften Rudolf Steiners praktische Übungen für die Gesundheit der Seele.
Nach der Pause verabschiedete ich mich von Marjattas Team und wurde von Elke Bliese abgeholt, um nach Bernards Hus bei Aarup auf Westfünen zu fahren. Es war eine beeindruckende Fahrt durch die weite grüne Landschaft, in der viele Felder vom anhaltenden Regen überflutet wurden. In Bernards Hus, einem sozialtherapeutischen Heim und Arbeitsplatz für Jugendliche und Erwachsene mit besonderem Unterstützungsbedarf, trafen sich am nächsten Morgen Kolleg*innen aus benachbarten Initiativen zu einem Vortrag mit einem Workshop über anthroposophische Meditation und ihre praktische Anwendung in der täglichen Arbeit. Als eine kleine dynamische Initiative spielt Bernards Hus eine wichtige Rolle in der Zusammenarbeit der kleineren und größeren sozialtherapeutischen Initiativen in Dänemark.
Nach dem Mittagessen brachte mich Jakob Bønløkke nach einem kurzen Besuch in seiner sozialtherapeutischen Initiative Tornsbjerggård zur Hertha-Gemeinschaft. Hertha ist ein Beispiel für umgekehrte Integration, bei der 140 Menschen zusammen eine Gemeinschaft mit 26 Menschen mit Behinderungen bilden. Das reiche kulturelle Nachbarschaftsleben dieser intentionalen Gemeinschaft ist vom sozialen Impuls der Anthroposophie inspiriert und bietet ein unterstützendes Umfeld für die Menschen mit besonderem Pflegebedarf. Freiheit, soziales Engagement und Nachhaltigkeit gehen hier Hand in Hand.
Mein Vortrag über innere Schulung als Voraussetzung für die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen wurde von Mitarbeitenden und Bewohnern von Hertha sowie von Mitarbeitenden der benachbarten sozialtherapeutischen Initiativen Tornsbjerggård und Hadruplund besucht.
In den vielen Begegnungen und Gesprächen während dieser intensiven Tage lernte ich die Heilpädagogik und Sozialtherapie in Dänemark als eine dynamische Bewegung kennen, die von begeisterten und warmherzigen Mitarbeitenden getragen wird. Die Ideale werden mit Solidität, Klarheit und einem feinen Sinn für die Menschenwürde verwirklicht. Die Herausforderungen, auf die heutigen sozialen Bedürfnisse zu antworten, werden mit einem starken Willen zur Zusammenarbeit erfüllt. Der Anthroposophic Council for Inclusive Social Development wird dabei als wichtiger Partner gesehen.
Bart Vanmechelen