Wer bist Du – und, wer bin ich? – Bericht der Herbsttagung eines Teilnehmenden
Eigentlich war das Tagungsthema der Internationalen Tagung Heilpädagogik und inklusive soziale Entwicklung: 100 Jahre zusammen feiern nicht wirklich konkret. 100 Jahre nach einem Vortrag, gehalten von Rudolf Steiner im Sommer 1924 vor einer recht überschaubaren Zuhörerschar in Dornach, trafen sich nun im Goetheanum knapp 1.000 Menschen aus aller Welt unter eben dieser Überschrift.
Doch schon sehr bald zeichneten sich in der Begrüßungsrede konkretere Fragen ab: was wurde in der Vergangenheit als Keim angelegt, wächst und entfaltet sich weiter? Welche Möglichkeiten haben wir aktuell in der Gegenwart um neue Samen und Impulse zu setzen? Was kommt auf uns zu, als Ruf aus der Zukunft?
In Folge ergaben sich genügend Themen um sich mit vergangenen und künftig weiteren Wirkungen des eingangs erwähnten Heilpädagogischen Kurs auseinanderzusetzen.
Die Tagung startete am Mittwoch-Abend mit einem intensiven Vortrag von Peter Selg zu der nicht immer harmonischen Beziehung von Ita Wegman und dem Goetheanum und den Wegen weiterer heilpädagogischer Pioniere.
Von Donnerstag bis Samstag begann der Tag im großen Saal des Goetheanum mit einem kleinen gesanglichen Einstieg und Impulsreferaten aus den verschiedensten Teilen dieser Erde unter der lebendigen Moderation von Sonja Zausch, eine von drei Personen der neuen Sektionsleitung (zudem noch Jan Göschel und Bart Vanmechelen). Wir bekamen Einblicke in heilpädagogische und sozialtherapeutische Tätigkeiten aus den USA, Vietnam, Mexico und Ruanda. Ein Dozent der Bertha von Suttner Universität/AT schilderte zudem ein 3-Horizonte-Modell, welches die Verzahnungen von Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft verbildlichte. Die großartige Dawn Nilo wusste als Clown unseren jeweiligen Wissenstand auf den Punkt zu parodieren.
Am späteren Vormittag gab es dann eine Vielzahl von Arbeitsgruppen, welche sich zumeist mit Themen aus dem Heilpädagogischen Kurs beschäftigten.
So ging es seelisch und geistig gestärkt zum Mittagessen, um auch den Körper nicht zu vergessen.
Während der Mittagspause gab es eine Vielzahl von freien Initiativen, bevor es am Nachmittag in unterschiedlichste Foren ging, in welchen es dann um Themen zur inklusiven sozialen Entwicklung ging.
Der Abend war der Kunst und Kultur überlassen: Eurythmie auf der großen Bühne, Volkstanz vor dem Goetheanum, der noch spätere Abend diente dann dem geselligen Beisammensein.
Am Samstag-Abend der große Moment: die bislang elf Sektionen der Freien Hochschule begrüßten feierlich mit eigens einstudierten kleinen Aufführungen die neue und zwölfte Sektion für Heilpädagogik und inklusive soziale Entwicklung! Vorab bewunderten wir eine inklusive Tanzperformance aus Zürich.
Man darf vielleicht die Bedeutsamkeit einer eigenen Sektion nicht unterschätzen: aus der ehemaligen Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie entwickelte sich vor etlichen Jahren der Anthroposophic Council for Inclusive Social Development, immer noch angedockt an die Medizinische Sektion – und nun die eigene Sektion für Heilpädagogik und inklusive soziale Entwicklung. Heilpädagogik und soziale Arbeit sind nun keine medizinische Frage mehr sondern eigenständig!
Angestoßen durch den Heilpädagogischen Kurs wird auch die Schicksalsfrage: diese wurde von Zacharie Dusingizimana aus Ruanda in seinem sehr berührenden Vortrag neu gestellt: wer bist Du? Und wer bin ICH? Gehen wir der Frage nach und blicken in und um uns: welcher Impuls brachte mich an den momentanen Punkt, was bestimmt meine Gegenwart und was kommt auf mich zu? Und stellen wir diese Frage stets ebenso unserem Gegenüber.
Was bleibt? Ein Bewusstsein für die große Strahlkraft eines Vortrages von 1924 und einem anschließend daraus impulsierten, stetig wachsenden und weltweit agilen Impuls.
Aber auch die Erkenntnis, dass sich insbesondere etablierte und größere Einrichtungen allesamt mit ähnlichen Herausforderungen auseinandersetzen, nicht nur deutschlandweit, sondern zumindest auch Mitteleuropa übergreifend.
Weitere Erkenntnisse: die neue Sektion wird sich mit einigen Aufgaben befassen, das Bestreben nach Inklusion in einer inklusiven Tagung birgt einige Herausforderungen – denn niedrigschwelligere Angebote wären sicher wünschenswert.
Auch wird sich die Sektion fragen, ob der Fokus auf die Verbreitung des Impulses ausgerichtet wird oder nicht auch ein Augenmerk auf etablierte Einrichtungen und deren Pflege und Unterstützung nicht genau so notwendig sind.
Wir wünschen dabei viel Tatkraft, Zuversicht sowie Inspiration! Wir nehmen gleiches mit zurück in die KSG, wir waren dabei!!
Zum Schluss gilt es ein großes Dankeschön an eine wirklich gelungene und inspirierende Veranstaltung auszusprechen.
Steffen Klepzig, Karl Schubert Gemeinschaft, Filderstadt/D